Ich sitze in der Fähre von Kristiansand (Norwegen) nach Hirtshals (Dänemark). Hinter mir liegen 80 Stunden, viele gefahren Kilometer und einige Erlebnisse. Ich lasse die Tage Revue passierten und schaue, was ich für unsere Reise um die Welt gelernt habe.
Es war ein Experiment, das Ziel: sehen, was bei einem Trip herauskommt, für den fast nichts geplant ist. Wie flexibel ich reagieren kann und was so alles passiert. Das Ergebnis: einige Erkenntnisse, eine Menge Spaß, der erste Reisebericht zum Preikestolen und ein bisschen gezahltes Lehrgeld.
Vor zwei Wochen, hatte ich das Bedürfnis, meinen Alltag für ein paar Tage zu verlassen um ein wenig Energie zu tanken. Da ich ein Mensch bin, der ungern Dinge alleine macht, habe ich einen Kumpel gefragt ob er Lust hat mitzukommen. Hatte er. Wir dachten dann kurz über Dubai, Hong Kong oder New York nach. Noch vor 2 Jahren hätte ich den Trip sofort mitgemacht und behauptet 4 Tage Hong Kong sind Spaß und Entspannung pur. Mittlerweile weiß ich, dass es für mich selbst definitiv nicht so ist. Im Gegenteil, das ist Stress. Wenn auch eher positiver. Zum Aufladen meiner Akkus ist so eine Reise eher nicht geeignet.
Eine Alternative musste her. Der Kollege meinte dann: „lass uns nach Hammerfest fahren und Nordlichter schauen“. Ein kurzer Check der Entfernung zeigt mir, das schaffen wir nicht in der geplanten Zeit. Da wir in Hamburg starten wollten, kam mir als nächstes Dänemark in den Sinn. Nach weiteren Überlegungen und dem Check der Karte hatten wir uns dann auf Bergen in Norwegen geeinigt. Ein guter Kompromiss.
Von Anfang an war klar, wir wollen nichts planen, nichts buchen sondern einfach losfahren und schauen, was passiert. Einzig die Route hatte ich mir vorher auf Google Maps ausgesucht um Daten für das Navi zu haben. Außerdem hatte ich mir die Abfahrtzeiten der Fähre von Dänemark nach Norwegen angesehen um da keine Zeit zu verlieren.
Am Tag der Abreise machte ich mich pünktlich um 10 vormittags von Leipzig auf den Weg in Richtung Hamburg wo ich nur 10 Stunden später vollkommen fertig ankam. Dank einer Vollsperrung der A2 dauert die Fahrt statt dreieinhalb Stunden fast elf Stunden. Die Fähre in Dänemark war damit nicht mehr erreichbar und ein halber Tag „verloren“.
Erkenntnis 1: Unverhofft kommt oft. Es gibt Dinge auf Reisen, auf die hat man einfach keinen Einfluss. Sie zu akzeptieren hilft Energie zu sparen.
Danach konnte es nur besser werden und so machten wir uns direkt in Hamburg auf den Weg nach Dänemark. Gesehen haben wir unterwegs nicht viel, es war dunkel und regnete hier und da. Gegen 2 Uhr Nachts haben wir dann den Fährhafen erreicht, die nächste Fähre legte jedoch erst um 11:45 ab. Also Schlafsack raus und eine Nacht im Auto verbringen. Das habe ich zuletzt gefühlt vor 15 Jahren gemacht. Die Nacht war kurz aber recht erholsam, also auf in den Supermarkt, etwas zum Frühstück kaufen und dann zur Fähre nach Norwegen. Ein Hauch von Abenteuer/ Festival war am Morgen beim Zähneputzen im freien auch zu spüren.
Erkenntnis 2: Einen Schlafsack dabei haben ist nie verkehrt.
In Norwegen prüften wir dann im Navi zum einen Strecke und Zeit für die Fahrt bis Bergen. Die Aussicht auf weitere 8 Stunden Autofahrt und eine Ankunft um Mitternacht war wenig motivierend. Eine zweite Übernachtung im Auto wäre uns auch sicher gewesen. Eine Alternative musste her. Mein Kumpel hatte drei Tage vorher vom Preikestolen gelesen. Den wählten wir als alternatives Ziel aus. Ab nach Stavanger um am nächsten Morgen die Bergkanzel zu besteigen. Bergen wurde gestrichen.
Erkenntnis 3: Sei flexibel in deinen Zielen. Mache dich nicht von ihnen abhängig.
Hätten wir bereits ein Zimmer in Bergen gebucht gehabt, hätten wir entweder Stornogebühren zahlen oder bis 2 Uhr Nachts nach Bergen durchfahren müssen. Beides keine schönen Optionen. Die Entscheidung, nach Stavanger zu fahren und am kommenden Tag auf den Preikestolen zu klettern war perfekt.
Am letzten Tag, auf der Rückfahrt, buchten wir die Fähre kurz vor Abfahrt. Auf die Frage des Verkäufers, welche wir nehmen wöllten antwortete ich mit einem „the next ferry at 2 o clock“. Ich bezahlte, nahm die Bestätigung entgegen, prüfte die Abfahrtzeit und ging. Beim Check in auf die Fähre sagte uns der Mitarbeiter, dass wir auf die Fähre des kommenden Tages gebucht sind. Lange Gesichter auf unserer Seite. Er bot uns an, wir könnten bei ihm umbuchen. Die Fähre sei aber extrem voll. Es geht nur, wenn wir Komfort Sitze und Buffet buchen. Viele Gedanken gehen einem dabei durch den Kopf. Das Gefühl, gerade über den Tisch gezogen zu werden war sehr stark. Da wir aber zurück mussten, blieb uns keine andere Möglichkeit als für den doppelten Preis ein wirklich schlechtes Buffet zu buchen.
Erkenntnis 4: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.Weiterhin: Siehe Erkenntnis 1
Alles in Allem hatten wir viel Spaß, haben eine Menge gesehen und den Akku wieder etwas aufgefüllt. Flexibilität auf Reisen erleichtert vieles, ganz ohne Planung kann es aber einige böse Überraschungen geben. Vorbereitung bedeutet nicht, Dinge fest zu buchen.
Hinterlasse jetzt einen Kommentar