Letztes Wochenende haben wir ein Jubiläum gefeiert: Wir leben seit 1.500 Tagen im Wohnmobil. Das sind mehr als 4 Jahre mittlerweile. Wohnungslos sind wir sogar schon seit knapp 5 Jahren. Wie die Zeit vergeht… Da hier seit einem Jahr nicht mehr viel passiert ist, wollen wir das Jubiläum nutzen, um euch mal wieder auf einen neuen Stand zu bringen und dabei sowohl zurück als auch nach vorn zu schauen.
Bereuen wir einen Tag? Nein!
Vermissen wir etwas? Ab und zu vielleicht mal ja. Im Moment gerade einen eigenen Platz. Wo die Hunde den ganzen Tag laufen können, wie sie wollen und wo man machen kann, was man will. Dazu aber später mehr.
Was hat das neue Leben mit uns gemacht?
Gefühlt hat sich unser Leben seit dem Auflösen unserer Wohnung komplett verändert. Es sind so unglaublich viele Dinge, die nun anders sind. Manche sind sehr radikal, andere nur Kleinigkeiten. Alles zusammen hat uns jedoch zu glücklicheren und vermutlich auch besseren Menschen gemacht.
Ein paar der Dinge, die mir immer wieder auffallen, habe ich mal nachfolgend aufgeführt:
- Unsere Beziehung hat sich verändert. Ich weiß gar nicht, wie sehr das Zusammenleben auf engem Raum und 24 Stunden am Tag ca. 335 Tage im Jahr dazu beiträgt. Oder ob sie sich sowieso verändert hätte. Große Streitigkeiten gab es schon vorher nicht zwischen uns. Aber wir sind uns mittlerweile noch näher gekommen. Klar ist man mal genervt, hat einen schlechten Tag oder ist einfach nur unterzuckert. Aber mit ein paar Worten ist das dem Partner klar gemacht und der macht einfach grade mal was anderes.
- Ich habe keine Magenprobleme mehr. Ich habe zu Wohnungszeiten fast täglich Bullrich-Salz geschluckt oder auch härtere Medis, damit ich mein Sodbrennen in den Griff bekomme. Seit Jahren habe ich das nicht mehr gekauft. Ich habe übrigens auch keine Zahnprobleme mehr. Ich war vorher mindestens einmal, häufig öfter im Jahr mit einer Wurzelbehandlung beim Zahnarzt. Wir achten mittlerweile einfach mehr auf uns selbst. Wir haben gelernt die Signale unserer Körper zu erkennen und zu deuten, die er uns sendet. Diese Fähigkeit war zumindest mir völlig abhanden gekommen.
- Damit Hand in Hand geht die Tatsache, dass wir Ressourcen und kleine Dinge wieder viel mehr zu schätzen wissen. Eine heiße Dusche ist zwar in unserem Wohnmobil kein Problem, trotzdem ist es toll, mal auf einem Stellplatz oder im Hotel mit viel Wasserdruck und ohne schlechtes Gewissen oder Zeitdruck heiß zu duschen. Wir sind jeden Tag dankbar dafür, dass es uns gut geht. Wir brauchen nicht hungern oder frieren und haben alles, was wir brauchen und wollen. Können sicher reisen ohne große Barrieren. Das ist ein Privileg, das wir sehr zu schätzen wissen.
- Wir verstehen lineares Fernsehen nicht mehr und können diesem auch gar nichts abgewinnen. Früher lief die Glotze täglich mehrere Stunden inkl. uns davor, die sich berieseln lassen. Heute befremdet uns das lineare TV-Programm nur noch. Wir schauen immer noch gerne Serien und Filme, aber wesentlich bewusster als früher.
- Nachrichten sehen und lesen wir mit einem anderen Blickwinkel als früher. Einfach weil wir mittlerweile viele verschiedene und andere Blickwinkel kennen. Ich kann immer mehr verstehen, wieso sich Menschen aus dem System „Staat“ zurückziehen und damit nichts zu tun haben wollen. Und ich kann sogar ein wenig nachvollziehen, wie es dann zu den unterschiedlichsten Verschwörungstheorien kommen kann…
- Wir ernähren uns immer mehr vegetarisch bis vegan. Nicht weil das gerade hip ist oder weil man das so macht. Vielmehr, weil wir auch hier immer bewusster auf unsere Ernährung achten. Und weil uns unsere Umwelt und die Natur, die uns so viele schöne Plätze gezeigt hat, immer wichtiger wird. Ebenso wie deren und der Schutz der Tiere, der uns immer wichtiger wird.
- Unser neues „Bewusstsein“ vieler Dinge hat uns auch zu mehr Verständnis und Akzeptanz gegenüber unseren Mitmenschen geführt. Wir haben mehr Gelassenheit gegenüber dem Verhalten anderer Menschen und damit mehr Verständnis für ihr Tun entwickelt. Denn wir haben unzählige Menschen und Lebensentwürfe kennengelernt. Alle diese Erfahrung helfen uns zu verstehen, dass es immer einen Weg gibt.
- Wir haben gelernt, dass Veränderungen nicht automatisch schlecht sind. Oft sogar ganz im Gegenteil. Manchmal kosten sie uns am Anfang viel Kraft, aber wir haben gelernt, dass sich immer ein Weg findet, es immer weiter geht und alles für irgend etwas gut ist. Das erkennen wir immer häufiger immer früher.
Diese Liste ist sicherlich nur ein Auszug und die Reihenfolge bedeutet keine Wertung. Es sind einfach die Dinge, die mir beim Schreiben gerade so eingefallen sind.
Wo waren wir überall?
Wir sind die letzten Winter in Spanien und Portugal geblieben. Im Sommer sind wir bisher immer zurück nach Deutschland gefahren. Dabei ging es für uns mal die Küsten entlang und mal quer durchs Gebirge. Ich habe die Fahrt von Deutschland nach Portugal mit dem Wohnmobil schon in 2 Tagen hinter mir, wir haben aber auch schon mal 4 Monate gebraucht. Diesen Sommer sind wir direkt in Portugal geblieben.
Auf unseren Reisen hat es uns durch die Niederlande, Luxemburg, Belgien, Frankreich, Spanien und Portugal geführt. Wir haben in diesen Ländern so viele warmherzige und freundliche Menschen kennengelernt und so tolle Plätze gefunden, auf denen wir übernachtet haben. Und eigentlich haben wir immer noch nur einen Bruchteil dieser Länder gesehen.
Zum Start unseres neuen digitalen Nomadenlebens waren wir in den USA und haben New York, Chicago, Washington und Minnesota besucht. Waren dort bei -35 Grad im Winter und haben Nachts in einer Jagdhütte die Wölfe heulen hören. Wirklich unvergesslich.
Ich selbst war dieses Jahr für CamperStyle in Neuseeland und 2 Tage in HongKong und habe dabei gemerkt, wie mir die Fernreisen doch ab und zu fehlen. Neuseeland war wieder einmal eine beeindruckende Erfahrung, über die ich bei CamperStyle noch schreiben werde. Und glücklicherweise ist das Leben ja Veränderung und so werden wir auch dies miteinander in Einklang bringen.
Beziehungswechsel
Auf unserer Reise durften wir intensiv erleben, dass Beziehungen sich verändern. Sie werden intensiver oder auch schwächer oder gehen ganz zu Ende. Dafür entstehen aber auch jede Menge neue Beziehungen. Viele Beziehungen, deren Basis beispielsweise die bloße Nachbarschaft war, sind eingeschlafen. Denn die Basis war ja weggefallen. Dafür haben wir Menschen getroffen, die auch im Wohnmobil leben. Eine neue Basis für neue Beziehungen. Wir haben Menschen kennengelernt, die Stellplätze betreiben, die berufliche Interessen teilen oder Leidenschaften oder oder oder. Kurzum: Einige Menschen haben wesentlich weniger Präsenz in unserem Leben und viele andere sind neu in unser Leben getreten und einige haben starke Präsenz gewonnen und wieder andere sind einfach dabei geblieben.
Wir durften lernen, damit umzugehen und auch mit mehr Abschieden klar zu kommen. Denn diese sind durch das Reisen deutlich häufiger geworden. Und kurz schmerzhafter. Gerade weil einige neue Beziehungen so intensiv waren und sind.
Hund(e)
Unseren Chief kennen ja sicher die meisten und auch die Geschichte, wie er zu uns kam. Er hat unser Leben erstmal ganz schön auf den Kopf gestellt. Unser erster Hund. Und dann auch noch krank. Und nicht erzogen. Und kein Welpe mehr. Und auch noch ein Herdenschutzhund, die dafür gezüchtet sind, selbständige Entscheidungen zu treffen…
Wir haben uns auch dieser Herausforderung gestellt und haben so unsagbar viel gelernt durch unser Zusammenleben mit Chief. Wir haben so viele Dinge zusammen unterwegs erlebt. Sind durch dick und dünn gegangen. Und einen Zweithund wollte ich eigentlich nicht.
So ziemlich genau 3,5 Jahre später, auf dem selben Platz ist nun Inge in unser Leben getreten. Ein Herdenschutzhund. Ein Welpe. Die sind sooo anstrengend. Aber auch sooooo süß 😉 Damit verhindern sie, dass man sie bei eBay Kleinanzeigen wieder verkauft…
Jetzt haben wir also zwei Hunde. Zwei Herdenschutzhunde. Im Wohnmobil. Manch einer würde sagen, das geht nicht. Aber die beiden strafen diejenigen Lügen. Sie machen das so großartig. 4 Wochen wohnt Inge schon bei uns und die beiden sind schon unzertrennbar.
Meine „alte“ Agentur
Hier im Blog spreche ich jetzt das erste mal darüber… 2016 musste ich sowohl für meine Agentur als auch für mich persönlich Insolvenz anmelden. Ich hatte mit den falschen Leuten ein Unternehmen gestartet und einige Fehler gemacht und plötzlich eine ganze Menge fremder Steuerschulden. Long Story short: 2016 war Schluss mit meiner Agentur in Leipzig. Das wir schon Jahre vorher entschieden hatten, ortsunabhängig zu arbeiten und zu leben, war eine glückliche Fügung und so waren die Lebenskosten quasi passend zur Insolvenz zum Glück gerade extrem gering. Ich sage ja, alles ist für etwas gut.
Aus der ganzen Insolvenzgeschichte habe ich auch eine Menge Dinge für mich mitgenommen und gelernt. Das wichtigste: Es ist nicht schlimm, Fehler zu machen. Es ist wichtig, aus Fehlern zu lernen.
Es ist auch nicht schlimm, zu scheitern. Das gehört dazu. Versuch und Irrtum. Diese Erkenntnis hat lange gebraucht. Zum Glück gab es auch in dieser schweren Lebensphase Menschen, die mir zur Seite gestanden haben. Mit Rat, Tat, offenen Armen und auch finanzieller Hilfe. Danke euch allen an dieser Stelle! Von ganzem Herzen. Danke! Ihr seid großartig.
Es folgten nach der Insolvenz eine lange Zeit, in der es mir nicht gut ging. Manche nennen es Depression oder Burnout. Ich habe keine Ahnung, ich habe dem keinen Namen gegeben. Diese Zeit hat unsere Beziehung auf eine harte Probe gestellt. Steffi und ich haben sie bestanden. Danke Schnulle!
Projekte und Kunden
Ende 2016 haben wir Nele und Jalil von CamperStyle kennengelernt. Wir waren uns alle recht sympathisch und haben uns daher 2017 in Südfrankreich auf einem Campingplatz zu einem Arbeitstreffen verabredet. Am wunderschönen Lac du Salagou haben wir uns dann noch einmal intensiv beschnuppert und sehr schnell entschieden, wir werden den Campingmarkt gemeinsam in Schwung bringen. So sind wir ziemlich genau vor zwei Jahren bei CamperStyle quasi mit eingestiegen und bringen seitdem Farbe in den Campingmarkt mit unserem Magazin. Mittlerweile sind wir da da ein Team von 14 Camping-begeisterten Menschen und wir versorgen die Leser mit Lesefutter und Ratgebern rund ums Camping. Wir knacken gerade die 300.000 Besucher-im-Monat-Marke. Gestartet sind wir 2017 bei 16.000. Das mit der Suchmaschinenoptimierung kann ich eben. 😉
Parallel bin ich noch als SEO- und Affiliate Berater für Kunden tätig und begleite bei der HSB Akademie in Leipzig den Online Marketing Manager in den Modulen Google Ads und Google AdSense. So kann ich mein Wissen an andere Menschen weitergeben und vielen den Einstieg in unsere Branche erleichtern oder ihnen beim Aufbau ihres eigenen Geschäfts helfen.
Steffi arbeitet intensiv am Haustiermagazin und ist in den letzten Jahren selber zur Hundeflüsterin geworden. Ich bin immer wieder fasziniert, wie schnell sie gelernt hat, unsere Hunde zu lesen und zu verstehen. Mit dem Spanisch und Portugiesisch verhält es sich bei ihr übrigens ähnlich.
Neues Wohnmobil
Letztes Jahr im März haben wir auch noch unsere Wohnung und unser Büro gewechselt. Von Simon – dem Euramobil – sind wir in Sir George – einem ClouLiner – gezogen. Ich hatte nur mal kurz im Dezember vorher nach einem Wohnmobil im Internet geschaut und dann haben wir uns in den ersten Treffer verliebt.
Jetzt leben wir seit mehr als einem Jahr auf 7,40m Länge, 2,5m Breite und 3,4m Höhe, passen es immer mehr an unsere Wünsche und Bedürfnisse an und haben mit dem Womo eine tolle Basis für die kommenden Jahre.
Und jetzt?
Jetzt wollte ich dir eigentlich einen Ausblick geben, wie es bei uns so weiter geht. Aber ich tippe schon wieder einen halben Roman hier und mein Flieger nach Deutschland hebt gleich ab. Also musst du dich gedulden. Der nächste Beitrag enthält ein neues Projekt für die Zukunft und auch Infos, dass und wie es hier auf dem Blog weiter gehen wird.
So stay tuned. Danke fürs Lesen. Wenn du Gedanken dazu hast, schreib einen Kommentar oder eine Mail oder ruf an 🙂
Sebastian (hat geschrieben) und Steffi
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