Warum wir die Einsamkeit so lieben

Die grüne Küste Kantabriens. Und irgendwo ganz klein ein Wohnmobil.
Die grüne Küste Kantabriens. Und irgendwo ganz klein ein Wohnmobil.

Letztes Jahr haben wir auf unserem Weg in den Süden vielleicht eine Handvoll Nächte frei gestanden und noch weniger wirklich fernab der Zivilisation. Dieses Jahr ist es genau andersherum. Warum ist das so?

 

Nachdem wir schweren Herzens „unseren Strand“ am nördlichsten Zipfel von Spanien verlassen haben, standen wir vorgestern Abend das erste Mal seit Gijon (von dem ich in unserem letzten Bericht gar nichts erzählt habe, weil es nicht viel zu erzählen gibt) wieder in der Zivilisation. Es war ein toller Platz, kostenlos, wirklich direkt am Wasser mit genügend Strand und Wiese für den Hund. Wir hatten einen malerischen Blick und haben uns trotzdem nicht wohl gefühlt.

Das Fahrerhaus von einem Wohnmobil, davor ein Strand, Wasser und im Hintergrund eine Brücke
Unser Stellplatz mit Aussicht. Traumhaft, oder? Was man nicht sieht sind die Häuser direkt hinterm Wohnmobil.

Letztes Jahr war das noch anders. Da haben wir Nima und Steve von Abenteuer unterwegs bewundert, weil sie so viel so fern ab jeglicher Zivilisation gestanden haben. Da haben wir uns noch an solchen urbanen Stellplätzen sicher und wohl gefühlt. Dieses Jahr sehen wir uns nach der Abgeschiedenheit zurück sobald auch nur ein paar Autos unseren Weg kreuzen.

Sicherlich liegt das zum einen an unserem „Hündchen“, das einfach momentan noch wesentlich entspannter ist, wenn nur Natur um ihn herum ist und nicht zig verschiedene Hunde, Katzen und Menschen seinem Zuhause (also unserem Wohnmobil) nahe kommen.

Ein Hund schnüffelt an einer kleinen Sandzunge am Meer
Chief genießt das Wasser. Das geht allerdings nur, wenn nicht zu viel Ablenkung ihn aufregt.

Zum anderen liegt das aber auch an uns. Wir fühlen uns fernab von Menschen im Moment einfach wohler. Unbeobachteter. Freier. Und manches Mal frage ich mich, woran das liegt. Sind wir sozial inkompatibel geworden? Menschenscheu? Sonderbar? Werden wir uns gar auf unseren Lieblingsplätzen in Paderne und Rincon, die ja unsere erklärten Ziele sind, gar nicht mehr wohl fühlen?

Und dann veröffentlicht Nima einen Artikel über Erkenntnisse und Einsichten am Rande der Welt nur kurz nachdem Sebastian und ich darüber gesprochen haben, wie oft wir uns mit anderen vergleichen und wie viel Selbstzweifel das vielfach bei uns auslöst. Zwar ging es bei unserem Gespräch hauptsächlich um die beruflichen Vergleiche und Zweifel („warum sollte mich jemand für etwas bezahlen, was er auch selber lernen kann?“), aber letztendlich zieht es sich durch unser ganzes Leben.

Genau das ist einer der Gründe, warum wir momentan lieber für uns sind. Denn sobald du andere Menschen triffst, gehen die Vergleiche los. Sei es, dass es um die tollen Orte geht, die man schon besucht hat. Oder um die Sehenswürdigkeiten, die besichtigt worden sind. Oder um die Art und Weise der Reise. Oder natürlich darum, dass wir so viel im Wohnmobil hocken und arbeiten. Oder um Hundeerziehung.

Ja, der große Hund, der da gerade an unserem Wohnmobil vorbei geht, zieht nicht an der Leine. Das ist toll und erstrebenswert. Aber wissen wir denn, ob er vielleicht nur so artig ist, weil er schon 7 Jahre geübt hat oder alt oder krank ist?

Ja, die Wohnmobilisten neben uns sind langsamer gereist als wir und haben sich mehr angeschaut. Aber wissen wir denn, ob sie vielleicht jetzt erst wo sie Rentner geworden sind, reisen können und vorher kreuzunglücklich gewesen sind? Oder vielleicht nicht mehr lange zu leben haben? Oder sich die Sachen nur ansehen, um etwas zu erzählen zu haben?

Wir wissen es nicht! Und genau das ist auch das Schwierige und Gefährliche mit diesen Vergleichen. Denn du vergleichst dich ja nur mit diesem einen Moment und diesem Bild, was du siehst. Und du weißt nicht, ob die Realität nicht vielleicht eine ganz andere ist.

All das lässt in mir wieder einmal die Erkenntnis reifen, dass wir nur dieses eine Leben haben. (Vermutlich 😉 ) Nur wir sind in der Lage, unser Leben zu leben. Und es ist unsere Pflicht, das Beste aus diesem Geschenk zu machen. Denn wir haben so viele Möglichkeiten. Wir müssen sie nur sehen.

Irgendwo in Portugal. Die Dünen, das Meer und ein kleines, einsames Wohnmobil.
Irgendwo in Portugal. Die Dünen, das Meer und ein kleines, einsames Wohnmobil.

Das schaffen wir aber sicherlich nicht, indem wir uns mit anderen vergleichen. Das schaffen wir eher, indem wir Zeit mit uns selbst verbringen. Und uns die Möglichkeit geben, uns selbst zuzuhören.

Wenn uns dieses Jahr also nach Einsamkeit (ok, streng genommen sind wir ja nicht einsam sondern dreisam 😉 ) ist, dann ist das ok so. Das macht uns nicht zu Eigenbrötlern. Weil wir uns nämlich darauf freuen im November und Dezember für mindestens 4 Wochen an ein und demselben Ort zu sein. Ohne Meerblick. Dafür mit vielen tollen Menschen um uns herum und „leichtem Campingplatz-Programm“. Auch das ist für viele sicherlich unvorstellbar und trotzdem ok so.

Weil es uns gut tut und uns weiter bringt.

Deswegen versuchen wir jetzt aufzuhören, uns zu vergleichen und genießen einfach unser Leben. Und ihr solltet das auch tun!

Ein Hund liegt auf einem gelben Sofa mit einem roten Handtuch zugedeckt
Entspannt nach einem tollen Tag am Strand das Leben genießen. Ein Vorbild 😉
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Über Steffi 80 Artikel
Ich bin Stefanie und reise mit meinem Mann als Digitale Nomaden um die Welt. Auf unserem Blog schreibe ich hauptsächlich über die Gedanken und Vorbereitungen auf dem Weg zum Start unserer Reise ebenso wie die Aufgaben, die sich uns unterwegs stellen.

10 Kommentare

  1. Ach Mensch ihr beiden, ihr sprecht mir aus der Seele 🙂
    Ich freue mich riesig, wenn wir uns endlich wiedersehen!

    Eine dicke Umarmung von Steve und mir und an Chief einen Knutscher von Luna & Jule

    • Darauf freuen wir uns auch, Nima! Auch wenn es ja noch ein bisschen dauert…

      Eine dicke Umarmung zurück von Sebastian und mir und einen Schlabber-Kuss von Chief an Luna und Jule :-*

  2. Ich liebe die Einsamkeit, weil ich das Gefühl habe in der Einsamkeit und in der Natur Kraft tanken zu können. Ich fühle mich näher an meiner eigentlich menschlichen Natur als wenn ich von Nachrichten abgelenkt und aus meiner Konzentration herausgerissen werde.

    In der Natur stört mich nichts.

    • Ja die Natur ist schon etwas unfassbar beeindruckendes, wenn man sich nur die Zeit nimmt und sie richtig genießt. Dank unserem Chief tun wir das auch immer öfter 😉

  3. Hi,
    wieder ein Artikel, der mir aus der Seele spricht und dazu noch wundervoll geschrieben. Genießt eure Dreisamkeit.
    Bis hoffentlich irgendwann mal.
    Ganz liebe Grüße
    Ute

  4. Oha, der Artikel könnte von mir stammen! Ich habe in den letzten Wochen sehr ähnliche Gedanken und Fragen, die sich mir auftun. Oftmals habe ich gar keine Lust zum Sightseeing, dann habe ich ein schlechtes Gewissen – schließlich bin ich doch „Reiseblogger“. Aber manchmal sind die einsamen ruhigen Momente viel spannender und schöner als alles andere. Ihr habt recht – das Vergleichen mit anderen bringt überhaupt nichts, dennoch passiert das ganz automatisch. Aber ich habe das Gefühl mit dem Alter lässt das immer mehr nach. 😉
    Liebe Grüße & hoffentlich bis morgen beim Treffen?

    • Das mit dem Treffen hat ja geklappt, liebe Mandy 🙂
      Und jetzt über den Jahreswechsel kannst Du ja in Lissabon gaaaaanz viel Sightseeing machen um hinterher ganz ohne schlechtes Gewissen die Ruhe zu genießen 😉
      Bis ganz bald mal wieder!
      Steffi

  5. Hallo Ihr 3, habe mal wieder bei Euch gelesen und auch wenn der Beitrag etwas älter ist: Dem kann ich nur zustimmen – und es gilt nicht nur für unterwegs!!
    Gute Reisen weiterhin und vielleicht komme ich auch endlich mit meinem Pauli auf Tour – es gibt doch noch so vieles zu erledigen bevor frau losfährt.
    LG von Gabi

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